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Núria Costa: „Meine Mutter sagt ich konnte tauchen, bevor ich sprechen konnte“

Veröffentlicht 13.02.2025

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Núria Costa: „Meine Mutter sagt ich konnte tauchen, bevor ich sprechen konnte“

Núria Costa ist Ozeanografin, Tauchlehrerin, Bootsführerin und Unterwasserfotografin – und nun auch Preisträgerin des Fotowettbewerbs MARE. Ihr Bild Deadly ghost nets wurde mit dem „Accésit Denuntiare“-Preis ausgezeichnet. Die Aufnahme zeigt die Gefahr von Geisternetzen im Meer der Balearen. Geboren in Valencia, lebt Núria heute auf Ibiza, wo sie auch familiäre Wurzeln hat.

Núria, kannst du uns die Geschichte hinter deinem preisgekrönten Foto erzählen? Wo hast du es aufgenommen?

Das Bild entstand in Punta Gavina auf Formentera, einem meiner Lieblings-Tauchplätze. Dort gibt es Felsplateaus, Posidonia-Riffe und große Steinblöcke. An dem Tag tauchten wir etwas tiefer und stießen plötzlich auf dieses riesige Geisternetz, das sich zwischen den Felsen verfangen hatte. Viele Meeresbewohner waren darin gefangen – unter anderem eine Gruppe Umberfische, einzelne Langusten und, wenn ich mich richtig erinnere, sogar ein Drückerfisch. Einige Fische waren bereits tot. Solche Funde sind immer erschütternd, vor allem an so bekannten und oft betauchten Plätzen. Die Tiere verenden völlig sinnlos – sie werden nicht einmal von den Fischern genutzt.

Die Unterwasserfotografie ermöglicht, Dinge zu zeigen, die viele Menschen nicht sehen. Was fasziniert dich daran?

Die Möglichkeit, die Schönheit und Zerbrechlichkeit der Meereswelt festzuhalten. Beim Tauchen entstehen einmalige Momente – und durch meine Bilder kann ich sie nicht nur künstlerisch festhalten, sondern auch den Artenreichtum und die biologische Vielfalt des Meeres zeigen und so Bewusstsein für den Schutz des Meeres schaffen.

“Den Artenreichtum und die biologische Vielfalt zu zeigen kann anderen bewusst machen, wie wichtig es ist, das Meer zu schützen”

Findest du oft Motive für die Kategorie „Denuntiare“?

Glücklicherweise nicht allzu oft. Allerdings tauchen wir auch häufig in Meeresschutzgebieten, wo das Umweltbewusstsein größer ist. Aber Plastikmüll ist leider ein ständiges Problem. In den weniger besuchten Gebieten gibt es meist mehr Müll als in den Schutzgebieten, da wir Taucher Müll einsammeln, den wir finden – schließlich ist das Meer unser „Spielplatz“, und wir wollen es sauber halten.

Du hast nicht zum ersten Mal einen MARE-Preis gewonnen. Wie hat deine Beziehung zu dem Fotowettbewerb angefangen?

Ich arbeitete damals in einem Tauchcenter auf Formentera, als Sara – die Gründerin von MARE – vorbeikam, uns den Wettbewerb vorstellte und Flyer daließ. Ich fand die Idee spannend und sah es als Chance, in die Wettbewerbswelt einzusteigen. Ich hatte mich vorher nie getraut, an einem Wettbewerb teilzunehmen, weil ich dachte, meine Bilder wären nicht gut genug. Und jetzt bestand die Möglichkeit, es zuhause im Mittelmeer zu versuchen! Seitdem habe ich bei jedem MARE-Wettbewerb mitgemacht, und werde das auch weiterhin tun.

Was möchtest du mit deinen Fotos erzählen?

Ich liebe es, Verhaltensweisen zwischen Meereslebewesen festzuhalten. In der Unterwasserwelt gibt es noch vieles zu entdecken und erforschen. Die Taucherbrille aufsetzen und die Interaktionen der Meeresbewohner zu beobachten, und das dann auch noch Menschen zu zeigen, die noch nie unter Wasser waren…das ist für mich das Größte.

Wie beurteilst du den Zustand des balearischen Meeresgrundes?

Er ist erstaunlich widerstandsfähig. Natürlich gibt es Rückgänge, etwa durch invasive Algen oder Klimaveränderungen. Aber oft habe ich beobachtet, dass sich das Ökosystem wieder erholt.

Wie groß ist der Unterschied, in einem Meeresschutzgebiet oder in einem ungeschützten Gebiet zu tauchen?

Riesig! Vor allem in Bezug auf die Artenvielfalt. Generell gehen wir lieber in Schutzgebieten tauchen, wo alles besser kontrollierter ist, die Habitate besser erhalten sind und es einfach mehr zu sehen gibt. Zwischen Ibiza und Formentera haben wir die großartige Tauchregion um Es Freu.

Hast du einen Lieblingsort für Unterwasserfotografie?

Ich entdecke fast immer ein spannendes Motiv, egal wo ich tauche. Dabei versuche ich immer, einen interessanten Winkel oder Fokus zu finden. Aber besonders schätze ich den Mittelmeerraum. Er bietet vielleicht nicht die tropische Artenvielfalt, doch seine Klarheit und Farben haben ihren ganz eigenen Reiz. Egal, wo ich tauche, ich habe immer meine Kamera dabei. Das bedeutet zwar einen zusätzlichen Koffer mehr, aber es lohnt sich immer.

“Ich nutze jeden Tauchgang und finde immer ein lohnenswertes Motiv."

Kann Fotografie zum Meeresschutz beitragen?

Absolut! Bilder machen die Unterwasserwelt sichtbar – und damit auch ihre Bedrohungen. Viele Menschen haben noch nie mit eigenen Augen gesehen, was unter der Meeresoberfläche passiert. MARE hilft dabei, genau das zu ändern und viele Menschen zu erreichen.

"Eine meiner schönsten Taucherfahrungen war meine erste Begegnung mit einem Riesenmanta in Bali.”

Gibt es eine Taucherfahrung, an die du dich besonders gerne erinnerst?

Besonders beeindruckend war eine Szene mit Putzergarnelen und Muränen: Beide Arten leben in Symbiose. Die Garnelen agieren quasi als „Zahnärzte“ und reinigen das Maul der Muränen, während diese geduldig stillhalten und den Mund ganz vorsichtig schließen. Es ist faszinierend zu sehen, wie sanft ein so räuberisches Tier sein kann. Ein weiteres unvergessliches Erlebnis hatte ich in Bali, als ich zum ersten Mal auf einen Riesenrochen traf. Diese Tiere haben das größte Gehirn-Körper-Verhältnis aller Fische – sie sind unglaublich intelligent. Das spürt man, wenn man mit ihnen taucht.

Hattest du schon immer eine Beziehung zum Meer? Wann hast du beschlossen, dich ganz dem Meer zu verschreiben?

Ich bin am Meer aufgewachsen und habe es deshalb unausweichlich schon immer begeistert geliebt. Meine Mutter sagt, dass ich tauchen konnte, bevor ich sprechen lernte, und wahrscheinlich hat sie recht. Wir haben die Sommer immer auf Ibiza im Haus der Familie verbracht. Wenn wir an den Strand gingen, setzte ich mir sofort die Taucherbrille auf und verschwand im Wasser. Als ich mit 14 endlich das Mindestalter zum Tauchen erreicht hatte, bekam ich zu Weihnachten einen Tauchkurs – und seitdem habe ich nicht mehr damit aufgehört. Ich wollte immer schon nur im Meer sein, und meine Leidenschaft dafür mit anderen teilen. Also habe ich beschlossen, seinen Schutz mit Hilfe des Tauchens voranzutreiben.

 

TEST FÜR MEERESLIEBHABER

  • Ein Buch: Der Schwarm von Frank Schätzing
  • Ein Bild, das für dich die Balearen verkörpert: Mediterranes Paradies
  • Ein Meeresbewohner: Riesenmanta (Manta birostris)
  • Eine inspirierende Persönlichkeit: Sylvia Earle
  • Ein Strand: Cala Comte
  • Optimistin, Realistin oder Pessimistin? Zu realistisch